Von den Anfängen bis 1989
Die beiden kleinen Siedlungen des Gerichts Liebenstein waren Sauerbrunn unterhalb der Burg Liebenstein und das in Richtung Schweina gelegene Grumbach. Sauerbrunn
wurde erst um 1590 gegründet, vorher gab es dort lediglich „unartiges Gehölz, Dornhecken und drei Häuser“. Grumbach ist zweifellos älter -( Lehfeldt/Voss schreiben 1909 : Grumbach war
ursprünglich Frankensteinscher Besitz unter hersfeldischer Oberlehnsherrlichkeit, wurde indessen 1330 an Henneberg verkauft und ging von diesem 1353 in Folge der Verheirathung der
hennebergischen Erbtochter Katharina mit Landgraf Friedrich dem Ernsthaften an Wettin über. 1360 werden von diesem letzteren die Herren v. Stein, welche auf dem nahen Altenstein sassen, mit Burg
Liebenstein belehnt, worauf das Geschlecht 1386 seinen alten Sitz aufgab und nach Burg Liebenstein bzw. Barchfeld übersiedelte..)
Die dortige Bevölkerung arbeitete für die Steinbacher Kleineisenindustrie und als Tagelöhner für das Burggut in Liebenstein.
Im Mittelalter entdeckte man in Sauerbrunn eine Mineralquelle, die zunehmend Bedeutung erhielt, als 1601 Herzog JOHANN CASIMIR von
Sachsen-Coburg durch den Meininger Physikus Dr. HEINRICH MEGENBAcH diese Quelle untersuchen ließ. Kurz danach veröffentlichte der Coburger Gymnasialdirektor Dr. ANDREAS
LIBAVIUS eine erste medizinische und historische Abhandlung über den „fürtreffl. Casimirianischen Sawer Brunnen unter Libenstein“. Schon 1680 baute man Häuser für Badegäste, aber im 18.
Jh. verfiel das Bad.
Am Ende des 18. Jh. machte der Meininger Hofarzt Dr. NIKOLAUS JAHN
Herzog GEORG I. auf die medizinische Bedeutung des Brunnens aufmerksam. Der Herzog kaufte 1800 das Gericht Liebenstein für 110.000 Gulden von der
Familie von Fischern ab und ließ Sauerbrunn seit 1803 zum Badeort ausbauen. Das Herrenhaus gestaltete man zum Kurhaus um, errichtete von 1804 bis 1806 das Fürstenhaus, ein Badehaus
und legte die Brunnenpromenade (heutige Herzog-Georg-Straße) an. Die Siedlungen Sauerbrunn und Grumbach vereinigte man 1800 zur Gemeinde Liebenstein, die seit 1907 die zusätzliche Bezeichnung Bad
trägt. Das Bad hatte bis 1893 und von 1916 bis 1923 eine eigene Gemarkung.
Um die gesellschaftliche Bedeutung zu heben und begüterte Adlige, Bürger und Künstler zur Kur zu gewinnen, wurde eine Badegesellschaft gegründet. "1820 gehörten
der Direktion der Badeanstalt zu Liebenstein an: Herr Kammer-Vice-Präsident Karl Friedr. Wilhelm Gottlob Freyherr von Bibra, Herr Ludwig Heim zu Salzungen, Brunnenarzt, Herr Rath und Hofverwalter
Werner, Herr Rechnungsrevisor Müller, Rechnungsführer." *)
Bis 1816 konnte die Badeverwaltung acht neue Mineralquellen erschließen. Um 1840 überwogen Kaltwasser- und Molkenkuren. Ein weiterer Aufschwung setzte ein, als es 1846 gelang, neue Quellen
zu erschließen. 1845/46 wurden die Georgsquelle und 1866 die neue Casimirquelle auf der gleichen Spalte erbohrt. 1903 erschloß man die Charlottenquelle, 1951 durch ein 165 Meter tiefes Bohrloch
die sehr ergiebige Schwarzbachquelle .
Aus den hydrogeologischen Untersuchungen weiß man, daß die Mineralwässer in verschiedenen Tiefenniveaus unterschiedliche
Zusammensetzungen besitzen, die ihrerseits im Laufe der Zeit Schwankungen unterliegen. In der Regel besitzen die Wässer einen hohen Gehalt an gasförmiger Kohlensäure und einen großen Anteil an
Eisen sowie geringe Mengen an Mangan und Arsen. Mit zulässiger Verallgemeinerung könnte man sie als kochsalzhaltige Eisensäuerlinge bezeichnen. Der Eisengehalt stammt aus den durchwanderten
eisenhaltigen Rotliegendsedimenten des Untergrundes wie aus den Vererzungen auf der gleichen Gangspalte, woher auch das Mangan und Arsen kommen. Der Steinsalzgehalt stammt von unterirdischer
Auslaugung der benachbarten zechsteinzeitlichen Steinsalzlager im Untergrund des Werratales, die Kohlensäure von nachvulkanischen Gasaustritten im Nachklang des jungtertiären Basaltvulkanismus
der Rhön. Weitere Metallionen wie Kupfer, Kobalt, Nickel und Kadmium kommen aus dem Kupferschiefer, Kalium und Magnesium aus den anhydritischen und karbonatischen Sedimenten des
Zechsteins.
1861 konnte nachgewiesen werden, daß sich die Liebensteiner Quellen besonders gut für die Herzbehandlung eignen. Adel und wohlhabendes Bürgertum benutzten von
nun an regelmäßig das Bad. Es entstanden neue Luxushotels, vor allem 1866 das Hotel Bellevue http://www. heimatfreundebali.de/heimatgeschichte/villen/hotel-bellevue/ , damals als das „beste Hotel Thüringens“ gepriesen. Der besseren Verkehrserschließung diente der
Bahnbau von Immelborn mit Anschluss an die Werrabahn und der Wasserversorgung der Bau einer Hochdruckwasserleitung, beide im Jahre 1889. Besitzer des Bades war eine
Aktiengesellschaft. Als der Augenarzt Dr. GRAF WISER das Bad 1910 kaufte, trat zwischenzeitlich die damals errichtete
Augenheilanstalt http://www.heimatfreundebali.de/heilbad/sanatorien/augenheilanstalt-charlotte/ in den Vordergrund. Sowohl
während des Ersten als auch im Zweiten Weltkrieg war Bad Liebenstein Lazarettort.
Das thüringische Gesetz vom 30. Mai 1947 überführte die Heilbäder und Kureinrich-tungen Bad Liebensteins in die Hände des Volkes. 1948 erhielt der Ort
die Bezeichnung Volksheilbad verliehen, 1959 das Stadtrecht. In den Jahren 1949/52 errichtete man das Heinrich-Mann-Sanatorium http://www.heimat freundebali.de/heilbad/sanatorien/heinrich-mann-sanatorium/, in dessen
Vorgängerbau — einer herzoglichen Domäne — sich 1849 FRIEDRICH FRÖBEL aufhielt, worauf der Text einer Gedenktafel hinweist. 1951 wurde die Bettenzahl im Ort von 400 auf 700
erhöht und gleichzeitig der ganzjährige Kurbetrieb eingeführt. 1957 erfolgte der Ausbau zum Volksheilbad für Herz-Kreislauferkrankungen und wurde eines der bedeutendsten Einrichtungen dieser Art
in der DDR.
In der folgenden Zeit wurde im Kurhaus eine klinische Station etabliert, 1959/63 entstand das neue Therapiegebäude http://www.heimatfreundebali. de/heilbad/sanatorien/therapiegebäude/, eine Voraussetzung
dafür, Fachärzte für physikalische Therapie einzusetzen. Vor dem Therapiegebäude steht die bronzene Plastik einer Frauenfigur von René Graetz, http://www.heimat freundebali.de/heimatgeschichte/denkmale/badende/ . Mehrere Häuser,
darunter Haus Thüringen und Haus Feodora, wurden erneuert bzw. generalüberholt. 1976 legte man den Grundstein für ein neues Kulturhaus im Grumbachtal. Zwei Jahre später wurde das Kurhaus
Albert Schweitzer — ehemals Haus Charlotte — und 1980 das erweiterte Kliniksanatorium Hugo Gefroi in Betrieb genommen. Zur Schonung des Kurbetriebes erhielt die Ruhlaer Straße 1976/77 die
Funktion einer Umgehungsstraße.
Die Zahl der Kurpatienten nahm im Laufe der Jahre ständig zu, war aber Schwankungen unterworfen, deren Ursachen gesellschaftlicher, politischer und auch
balneologischer Art waren. Betrug die Anzahl im Jahre 1871 nur 1692 Patienten, so stieg sie bis 1939 auf 10475. Nachdem die Anlagen zum Volksheilbad erklärt worden waren, erhöhte sich die
Zahl bis auf 17848 (1956). In den Jahren danach pendelte sich die Zahl auf 15000 bis 16000 Patienten pro Jahr ein, die von den Ärzten und dem medizinischen Personal der 5 Chefarztbereiche betreut
und behandelt wurden. Dank des hohen Kohlensäuregehaltes seiner Quellen weist das Bad gute Erfolge bei der Bekämpfung der Erkrankungen der Herzkranzgefäße, von Bluthochdruck und peripheren
Durchblutungsstörungen auf.
*) Recherche Thomas Gründel in "Herzolich-Sachsen-Meiningisches Adreß-Buch auf das Jahr Christi 1820 "
Originalaktie vom 7.März 1917 - übertragen 1918 auf Gräfin Rüdiger
Archiv: Christian Jäger
Auszug aus " Zwischen Ruhla, Bad Liebenstein und Schmalkalden " , erschienen im Akademie-Verlag Berlin 1989, Seite 85 bis 87