Herzogin Charlotte Augenheilanstalt, spätere Chirurgie (Haus II) KKH
Die 1920 fertiggestellte Augenheilanstalt Herzogin Charlotte, benannt nach der letzten Herzogin von Sachsen-Meiningen, erstrahlt fast 100 Jahre nach ihrer Gründung in neuem Glanz.
Frau Jinwen Li-Klawiter hat bisher ca. eine Million Euro investiert und das Gebäude ist im äußeren Bereich vollständig saniert worden.
Eine Bad Liebensteiner Delegation hatte vor Beginn der Sanierung
eine Reise nach China unternommen und dabei rund 35 000 Kilometer zurückgelegt. Elvira Schmager, Wolfgang Malek, Volker Henning, Frank Eberlein und Bürgermeister Dr. Michael Brodführer tourten für
die Region, die Kurstadt und für die Vorhaben der neuen Besitzerin des alten Liebensteiner Krankenhauses mit vielen offiziellen Terminen durch das Reich der Mitte.
Die Chinesin Jinwen Li-Klawiter, die in Deutschland lebt, hatte den Besuch organisiert und bis ins Detail durchgeplant. "Da wurde nichts dem Zufall überlassen",
erzählt Elvira Schmager. Sechs Millionenmetropolen - Peking, Baoji, Weinan, Xi'an, Zhengzhou und Shanghai - besuchten die Bad Liebensteiner, besichtigten Bildungseinrichtungen, sowie Fabriken und
trafen mit Bürgermeistern und Unternehmern zusammen, waren in der Deutschen Botschaft in Peking und im Deutschen Konsulat in Shanghai. Immer dabei: Vertreter der chinesischen Presse und des
Fernsehens.
Besuch der Deutschen Botschaft in Peking durch die Liebensteiner Delegation: In roter Bluse Frau Jinwen Li-Klawiter, links daneben ihre Tochter Siqi Klawiter,
die als perfekte Dolmetscherin die ganze Tour begleitet hatte.
Mit den blonden kurzen Haaren: Elvira Schmager
Die Männer von Links: Frank Eberlein+, Dr. Michael Brodführer, Wolfgang Malek und Volker Henning
Das obige Foto zeigt vermutlich die Feier anlässlich des 59. Geburtstages von Dr. Graf Wiser als auch das Gedenken an Herzogin Charlotte von Sachsen-Meiningen, die
am gleichen Tag 60 Jahre alt geworden wäre. Charlotte war am 01.10.1919 in Baden-Baden verstorben. Dieses Gedenken an Charlotte und die Feier für Graf Wiser fand vermutlich am 24.Juli
1920 in dem noch nicht fertiggestellten Gebäude der späteren Augenheilanstalt Charlotte statt. Der demisierte Herzog hält höchstwahrscheinlich die Geburtstagsrede und gedenkt gleichzeitig
seiner Gattin.( Herzogin Charlotte war die Tochter von Kaiser Friedrich III. und die Schwester von Kaiser Wilhelm II. ) !
Hinweise von Andrea Jakob von den Meininger Museen (17.04.2018) führten zu dieser geänderten Interprätation des Fotos, das der Liebensteiner Fotograf Max Reich (Reichshöhe) gefertigt
hatte.
Herzogin Charlotte von Sachsen-Meiningen war während des
Kuraufenthaltes in Baden-Baden am 01.10.1919 gestorben.
http://de.wikipedia.org/wiki/Charlotte_von _Preu%C3%9Fen_(1860%E2%80%931919)
Die Herzogsfamilie musste Ende 1918 abdanken.
Die Augenheilanstalt wurde am 24.07.1920 übergeben.
Seit Baubeginn 24.07.1916 gab es erhebliche Probleme
- finanzielle Schwierigkeiten,
- einen grundlegenden Wechsel der Regierungsform und
- mit dem Tod der Herzogin den Verlust einer starken Unterstützerin
Zur Grundsteinlegung waren neben Bernhard III. von Sachsen-Meiningen, der gerade das Gebinde ablegt, auch Dr.Graf Wiser (1), Forstmeister Rudolf Werner (ganz rechts-2) und Frau Oberin Frieda Saydekampf anwesend.
Baumeister und Hofbaurat Karl Behlert http://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Behlert aus Meiningen
hatte den Entwurf und die Bauausführung der Augenheilanstalt übernommen. Der zum Bau beauftragte ortsansässige Maurermeister Wilhelm Weyh bekam 40 gefangene Russen zur Seite gestellt. ( so hat
das der Chronist formuliert und wir lassen es so stehen !)
Die Einweihung und Eröffnung erfolgte am 24.07.1920. Viele im Kriege erblindete Soldaten wurden vom berühmten Augenarzt Dr. Graf Wiser behandelt, als Assistenzarzt
stand ihm Dr. Koch zur Seite. Finanziert wurde die Augenheilanstalt durch eine Spende Charlottes, durch Einnahmen aus Veranstaltungen, durch Spenden von Privatpersonen und durch
die Unterstützung einiger jüdischer Kaufleute, die den Titel Kommerzienrat bekommen hatten ( Die Aussage des Chronisten wird auch hier kritiklos übernommen !).
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude als Haus II ( Poliklinik ) innerhalb der Gesundheitseinrichtungen des Kurbades weitergeführt ( siehe unten - Vortrag
Dr.Jochen Retzlaff) !
Junge Kastanien sind im Wuchs vergleichbar mit Linden - die heutigen Kastanien sind zirka 120 Jahre alt - Ansichts-Karte von 1920 unmittelbar nach der Fertigstellung der Augenheilansalt
Galeriedarstellung der Innenräume der Augenheilanstalt
Ein Tag nach Dr. Graf Wisers 60.Geburtstag (24.07.1921) vor dem Haupteingang der Augenheilanstalt in der Bahnhofstraße - Archiv Gerhard Engelhardt
Elfriede Mosebach kann den Typ der Schreibmaschine mit " Continenthal " benennen, sie hat ihr halbes Berufsleben auch auf solch einer geschrieben !
Das Bild dokumentiert höchst wahrscheinlich eine Betriebsfeierlichkeit der Belegschaft der Augenheilanstalt Charlotte. Zentral in der Mitte Dr. Graf
Wiser.
Der Administrator nimmt an, dass das Foto nahe der Waldgaststätte Reichshöhe am Anfang der 1920er Jahre gemacht worden ist.
Nachdem 1928 Dr.Graf Wiser Bad Liebenstein verlassen hatte ( ein Argument war der Tod des letzten regierenden Herzogs Bernhardt III.) übernahm Dr. Werner Koch (* 21. August 1887 in Höxter, + 19.Oktober 1966 in Bad Liebenstein ) http://www44.jimdo.com/app/s06790cd3cc8612fc/pd78723298503c767/ die Leitung der Klinik.
Chefsekretärin Auguste Roth und Portier Söhnlein mit weiteren Mitarbeiterinnen vor dem Nebeneingang der Augenheilanstalt.
Vortrag zur
Baugeschichte des Hauses II Bad Liebenstein zum 50-jährigen Jubiläum der Chirurgie am Kreiskrankenhaus
Vortrag gehalten von Dr. Jochen
Retzlaff anläßlich der
Feier im Hotel Herzog
Georg, Bad Liebenstein
am
11.6.1999
Auf die Entwicklung Liebensteins zu einem repräsentativen deutschen Heilbad hatten die Herzöge von Sachsen-Meiningen
entscheidenden Einfluss genommen.
1800 kaufte Herzog Georg I. die Flecken Grumbach und Sauerbrunn von der Familie von Fischern zurück. Er begann die Entwicklung
des Bades mit seiner Sommer-residenz Altenstein-Liebenstein. 1803 starb er.
1800 wurden beide Orte unter dem Namen Liebenstein zusammengelegt. Auch die Nachfolger des Herzogs Berhard II. Erich
Freund, Georg II. und der letztregierende Herzog, Bernhard III. leisteten Wesentliches für die Entwicklung des immer bekannter werdenden Bades.
Diese Entwicklung verlief nicht ohne Schwierigkeiten. Sie war nach der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft mit häufigen
Besitzerwechseln verbunden (1880, 1890, 1902 und 1912). 1913 gab es einen mittleren Treuhandskandal, als ein Herr Polzin Konkurs angemel-det hatte, der Fellhändler Lewinstein kurzzeitig
einsprang, alle beweglichen Güter entfernte und unauffindbar verschwand. Die Regelung der Verbindlichkeiten überließ er seinen Gläubigern. So kam es am 10.1.1913 zu einer
Versteigerung.
Gräfin Rüdiger http://www44.jimdo.com/app/s06790
cd3cc8612fc /p891abf272862a2ac/ und Dr.Graf Wiser http://www44.jimdo.com/app/s06790 cd3cc8612fc/p2ece
71ffccb23147/ erwarben das Bad für 400.000 Mark. Graf von Wiser war ein nach heutigen Gesichtspunkten alternativ arbeitender Augenarzt mit europäischem Ruf, der von der damaligen
Schulmedizin attackiert wurde. Er verlegte den Sitz seiner Praxis von Wiesbaden nach Liebenstein und zog viele Augenleidende nach, die dem Profil des Ortes als Kurbad Abbruch taten. 1917 wurde
eine Aktiengesellschaft gegründet, die später Dr. Fritz Lauterbach übernahm.
1914 brach der I. Weltkrieg aus, dessen riesige Material- und Menschenschlachten Millionen Menschen den Tod brachten. Als
Neuheit der Kriegsführung wurde Giftgas eingesetzt, das unter anderem zu Augenschäden führte. Auch wegen des Rufes des Dr. Graf Wiser wurde Liebenstein zum ersten Mal Lazarettstadt.
Graf Wiser arbeitete zunächst im Müller‘schen Hotel http://www44.jimdo.com/app/s06790cd3cc8612fc/pcd75fb 9c4b74f27d/ , dem nachmaligen Hotel Herzogin Charlotte, später Sanatorium Albert Schweitzer. Die Herzogin
Charlotte von Sachsen-Meiningen, geb. Prinzessin von Preußen und Schwester des deutschen Kaisers, nahm sich dieser Augengeschädigten besonders an, gründete eine Stiftung und eröffnete in diesem
Haus die "Augenheilanstalt für erblindete und erkrankte Krieger ". Die Räume reichten nicht aus. Insbesondere waren die operativen
Möglichkeiten stark eingeschränkt. So reifte der Entschluss zum Bau einer Augenheilanstalt, die durch eine Stiftung finanziert werden sollte und wurde. Ein Jahrhundertbau für Bad Liebenstein.
Am 24.7.1916 fand die Grundsteinlegung am Tag des Geburtstages der Herzogin und im Beisein des Graf von Wiser und des Herzogs Bernhard III. statt. Nach erheblichen
finanziellen Schwierigkeiten, grundlegendem Wechsel der Regierungsform und nach dem Tod der Herzogin wurde am 24.7.1920 der Bau übergeben. Die Leitung der Klinik übernahm Dr. Graf von Wiser, dem
nun ein modern eingerichteter großer OP zur Verfügung stand. Dieser OP wird das weitere Schicksal des Hauses bestimmen. 1928 verließ Graf Wiser Liebenstein und ging nach Bad Eilsen. Sein Schüler
und Mitarbeiter, Dr. Koch, führte die Klinik erfolgreich weiter.
1942 wurde Bad Liebenstein zum zweiten Mal Lazarettstadt, als die Ausweitung des 1939 begonnenen 2.Weltkrieges und der Überfall auf die SU zu einem hohen Anfall Verwundeter und zu versorgender
Soldaten führte. Nur die Augenheilanstalt verfügte als einziges Lazarett über einen geeigneten OP. So wurde in dem Gebäude ein chirurgisches Lazarett unter Leitung eines Dr. Rosenberg
eingerichtet, der nach 2 Jahren nach einer politischen Denunziation zum Fronteinsatz geschickt wurde. Dr. Jahnke wurde neuer Chef. Er arbeitete vorwiegend als Neurochirurg. Gegen Ende des Krieges
brachten Lazarettzüge - der Bahnhof war
noch funktionsfähig - große Mengen
Verwundeter zur Versorgung, so dass in dem noch nicht umgebauten Haus bis 300 Soldaten gelegen haben sollen. Die Mitarbeiter arbeiteten bis zur physischen Erschöpfung.
1945 wurde der Ort kampflos den Amerikanern übergeben, die die Lazarette weitgehend räumten. Nach dem Abzug der US-Army übernahm das Gebiet die Rote Armee. Auf Befehl der SMAD (Sowjetische
Militäradministration) wurde der Ort als Kurort vorgesehen. Die Augenheilanstalt wurde der Landesversicherungsanstalt Thüringen angegliedert, die damals wegen der föderalen Struktur der SBZ http:// de.wikipedia.org/wiki/SBZ und späteren DDR noch existierte.
Unter Leitung von Dr. Harff von der Charite wurden Erkrankte an extrapulmonaler Tuberkulose und an Lungen-Tb. im Haus untergebracht. Dr. Harff folgte einem Ruf nach Hamburg. Die chirurgische
Versorgung der Bevölkerung des Altensteiner Oberlandes sicherte das Krankenhaus Marienthal unter der Leitung von Dr. Karl Obmann.
Das Gesundheitswesen wurde neu formiert. Im westlichen Teil des Landkreises Meiningen wurden zwei Kreiskrankenhäuser gebildet, das in Bad Salzungen und ein zweites größeres in Bad Liebenstein mit
den Abteilungen für Innere Medizin, Chirurgie, Neurologie, Geburtshilfe, später Pädiatrie und der entsprechenden technischen Ausstattung.
Die Ärzte der Chirurgischen Klinik, Haus II in Bad Liebenstein
ab 1949: Dr. Norbert Vogel ( Chefarzt )
Dr. Zellerhof
Dr. Ploner
Dr. Lauth, Luise
Dr. Tepper
Dr. Gassdorf, Klaus ( Chefarzt ab 1978 -
1998)
Dr. Haut, Heribert
Dr. Retzlaff, Jochen ( Oberarzt 1962 - 2000)
Dr. Agde, Volker
Dr. Zeißler, Karl-Hans
Dr. Haschen, Christoph
Dr. Ulbrich, Günther
Dr. Karn, Bernd
Dr. Winter, Martin
DM Zappe, Veronika
DM Pletzko, Heike
DM Gerlach, Heike
Dr.Kister, Dieter
DM Nennstiel, Mathias
Dr. Trautvetter, Rene
DM Mattusch, Heribert
Dr. Bauer, Kurt ( Chefarzt ab
1998)
Verlagerung der Chirurgischen Klinik 2002 ins Klinikum Bad Salzungen
Zusammengestellt von Dr. Jochen Retzlaff
Am 04.11.2017 ergänzt eine Kurpatientin, die 1966/67 in der Chirurgie vermutlich als Krankenschwester gearbeitet hatte, dass es zu dieser Zeit die Stationen Billstein und Bier gegeben habe -
eventuell beides Ärzte im Krankenhaus.