Am 30.09.2021 verlegten die Natur und Heimatfreunde Bad Liebenstein in der Aschenberg Straße 2, dem einstigen Wohn – und Geschäftshaus von Max Liebenstein und seiner Familie vier Stolpersteine.
Alleine das sie Juden waren reichte aus, um von den Nazis vertrieben und in den Konzentrationslagern ermordet zu werden. Unser Verein hat die Geschichte dieser Familie erforscht und auf unserer Homepage veröffentlicht.
Mit der Aktion der Verlegung der Stolpersteine im Rahmen der ACHAVA Festspiele 2021 wollen wir ein Zeichen setzen und daraufhin weisen, dass unsere ehemaligen Mitbürger nicht vergessen sind. Trotz des Namens „Stolpersteine“ geht es nicht um ein tatsächliches Stolpern um hinzufallen, sondern man stolpert mit dem Kopf.
Unser Verein dankt den städtischen Gremien mit dem Bürgermeister an der Spitze, dass die entsprechenden Beschlüsse dazu gefasst wurden, der Stadtmeisterei für die Verlegung selbst und den Sponsoren, die durch ihre Spende diese Aktion erst ermöglichten.
Wir verlegen Stolpersteine für:
Max Liebenstein * 02.02.1877 deportiert 22.11.1941 nach Kowno, ermordet 25.11.1941 Kowno
Frieda Israel geb. Liebenstein * 27.03.1878 ermordet 25.03.1944 Theresienstadt; Schwester von Max
Rosalie Lewin geb. Liebenstein * 20.01.1882 deportiert 10.07.1942 ermordet 11.07.1942 Auschwitz
Meta Liebenstein *14.03.1885 deportiert und ermordet 11.07.1942 Auschwitz
"Nun noch ein paar eigene Worte zur jüngsten Geschichte der Familien Liebenstein.
Es ist der Name unserer Stadt Liebenstein und es ist der Familienname von zwei längst verstorbenen Brüdern, die Liebenstein hießen. Nämlich Albert Liebenstein und Bernhard Liebenstein.
Ihre Wurzeln sollen bis ins 14. Jahrhundert nach Venedig reichen. Heute sind die Nachfahren auf der ganzen Welt verstreut. Die Zeit, die jetzt greifbar ist, ist wohl die Zeit im 19. und 20. Jahrhundert in Bad Liebenstein.
Im Jahre 2013 besuchten Alan Merin, ein Arzt aus Texas, der besagte Bernhard Liebenstein war sein Opa und Dennis Walder, Prof. für Literatur aus London, sein Opa war Albert Liebenstein, unsere Stadt. Beide Opas wuchsen gemeinsam mit 9 Geschwistern in Bad Liebenstein auf. Darunter der Bruder Max Liebenstein, dessen Familie ermordet wurde und wir ehren.
Beide Familien kannten und wussten damals erst seit wenigen Jahren von einander. Unabhängig forschten sie zu ihren Vorfahren. Als sie dabei auf den gemeinsamen Familienname stießen, stellten sie sehr schnell fest, dass es gemeinsame Vorfahren gibt. In unserer Stadt begann die Spur, die beide Familien zusammen führte. Deswegen waren sie gemeinsam in unserer Stadt, und statteten unseren Bürgermeister einen Besuch ab.
Ich selber hatte Anfang der 90 gier Jahre auch eine Begegnung als Bürgermeister unserer Stadt mit Margot Merin geb. Liebenstein, Tochter von Bernhard Liebenstein. Sie lebte in den USA. Von ihr ist mir bekannt, dass sie während der Nazizeit auch Unterstützung erfuhr und sie ihr Leben einen Polizisten namens Günther verdankt, der sie nicht verriet. Ihm sei sie zu großen Dank verpflichtet.
Auch Bernhard Liebenstein, der die Nazizeit im KZ überlebte, erfuhr in der damaligen Zeit Unterstützung. So versteckte das Gründungsmitglied der Burggemeinde Liebenstein, Prof. Dr. Max Seige, ihn einige Zeit in seinem Wohnhaus. Nach Kriegsende kehrte Dr. Seige nach Bad Liebenstein zurück und nahm seine Tätigkeit im Sanatorium wieder auf. Während des Krieges war er als Militärarzt in verschiedenen Einrichtungen in Thüringen tätig. In Liebenstein waren 1945 inzwischen russische Truppen eingerückt. Einem Abtransport in russische Gefangenschaft entging Dr. Seige damals nur durch einen energischen Einsatz des jüdischen Mitbürgers Bernhard Liebenstein. Auch so etwas gab es.
Und zum Schluss:
Als die Familien Merin und Walder sich 2013 aus Bad Liebenstein verabschiedeten ließen sie eine Frage an die Stadt zurück:
„Ob man an die Geschichte der Juden hier erinnern kann?
Mit Stolpersteinen vielleicht? Oder mit einer Plakette?“
Mit der Stolperstein-Verlegung wurde der geäußerte Wunsch erfüllt."
Fritz – Eberhard Reich, Vors. der Natur und Heimatfreunde