Zocher'sches Wirtshaus

Fachwerkhaus in der Bildmitte ist das Zocher'sche Wirtshaus, die erste Post in Liebenstein
Fachwerkhaus in der Bildmitte ist das Zocher'sche Wirtshaus, die erste Post in Liebenstein
Zochersches (Fachwerk)-Wirtshaus - Darstellung auf einem Porzellanteller, der im Besitz von Gerda Obmann war - Repro W.Malek
Zochersches (Fachwerk)-Wirtshaus - Darstellung auf einem Porzellanteller, der im Besitz von Gerda Obmann war - Repro W.Malek

Ein Bildausschnitt von Carl Wagner's Gemälde " Sommerlandschaft " zeigt das Zocher'sche Wirtshaus vor dem Kurhaus - Gemälde um 1840

links in der Bildmitte, in die Straße hineinragend, stand das Zochersche Wirtshaus - Aufnahme 2015 W.Malek
links in der Bildmitte, in die Straße hineinragend, stand das Zochersche Wirtshaus - Aufnahme 2015 W.Malek

Klaus Puff, der lange Zeit gärtnerisch auf dem Altenstein tätig war, ist im Besitz von Unterlagen von Peter Zocher , aus denen im Wesentlichen folgendes entnommen wurde:
Die erstaunliche Familiengeschichte der Zochers kann vom sächsischen Freiberg aus über das hessische Waldeck bis ins sachsen-meiningische Liebenstein  verfolgt werden.  Ursprünglich stammt mit hoher Wahrscheinlichkeit die Familie aus dem Wettiner Land. Der Name Zocher wird 1397 dort zum ersten Mal erwähnt und dürfte sich aus dem mittelhochdeutschen Wort „ zocken, zochen „ (ziehen, zerren) entwickelt haben. Deshalb ist es durchaus möglich, dass die Zochers  im Spätmittelalter  bereits im Bergbau tätig waren.  Denn der „Zieher“  
stammt aus der Bergmannssprache. Er stand am oberen Rand des Schachtes und zog nach Kommando des auf der Schachtsohle befindlichen Schlägers das erzhaltige Material nach oben.
Carl Christoph Zocher, der am 23.07.1751 die Tochter des  Dorflehrers von Alleringhausen  Maria Katharina Knippschild  geheiratet hatte, war Steiger im sächsischen Bräunsdorf bei  Freiberg/Sachsen.  Vermutlich war er um 1730 ins waldecksche Immighausen ausgewandert und hatte dort seine Frau kennengelernt. Als ausgebildeter Bergmann arbeitete er in seiner neuen Heimat zunächst als Steiger und anschließend als Puchsteiger auf dem Eisenberg in Gold- und Silberbergwerken.  Der zweite Sohn der  Zochers, Christian Julius Daniel (* 1755, + 1812), erlernte nach dem Abebben der Gold- und Silbervorkommen die Kunst des Gartenbaues.  Nach seiner Lehre arbeitete er in Kassel auf dem Weißenstein, der heutigen Wilhelmshöhe.  Er heiratete Maria Katharina Großjohann, die eine Reformierte der Kirchgemeinde Kirchditmold  (Kassel) war. Vermutlich wurde Herzog Georg I. auf den Gärtner aufmerksam und holte ihn nach Meiningen.  Im Jahre 1801 wird der inzwischen zum herzoglichen Hofgärtner beförderte  Christian Julius Daniel Zocher nach Liebenstein versetzt.  Nach den Wünschen des Herzogs entwickelte er  Pläne hinsichtlich der gärtnerischen Gestaltung und realisierte diese. Das betraf  die Gestaltung des umfangreichen Landschaftsparkes Altenstein,  die Realisierung der neuen Chaussee nach Grumbach, die Parks um das neue Schloß (Curhaus),  sowie die Pappel- (Allee) und viele weitere.
 
Der als drittes Kind  1887 in Meiningen  geborene Sohn Georg hatte den regierenden Herzog zum  Taufpaten.  Diesen Sohn ließ Christian Justus Daniel  ab 1802 in Hildburghausen vom herzoglichen Hofgärtner Johann Zacharias Ferrier in der „löblichen Gartenkunst“ ausbilden. 1805 kehrte dieser  mit hervorragenden Zeugnissen nach Liebenstein zurück und arbeitete  zusammen mit seinem Vater an der weiteren Gestaltung der Sommerresidenz.  Um 1815, nach dem Tod von Vater und Mutter, inzwischen auch herzoglicher Hofgärtner, übernimmt er auch die Verwaltung der neu eingerichteten Thurn und Taxischen Posthalterei, die sich im Zocherschen Haus Nr. 5 neben dem Brunnentempel befunden hatte. 
Das Haus wird in einigen Quellen auch als Zochersches Wirtshaus beschrieben. Ob  Zocher neben Gärtner, Postmeister, Badekassierer auch als Gastwirt agiert hatte, ist nicht  belegt.
Erwähnt werden muss noch Christoph Zocher (* 1819, +1877), der aus der Ahnenreihe des in Kassel erstgeborenen Sohnes von Christian Justus Daniel Zocher stammt. Dieser war in Liebenstein Briefträger und Postbote. Mit Hundefuhrwerk, dem Felleisen auf dem Rücken und der geladenen Pistole in der Hose, war er auch für die Beförderung der Post von der Umlade- und Übergabestelle Witzelroda nach Liebenstein zuständig.
Nach Postmeister Georg Zochers Tod 1853 übernahm Postverwalter Johann Gottfried Linsser   diesen Posten.  Bis zum Abriss des Hauses Nr. 5 im Jahre 1858 versah er seinen Dienst dort. Danach mietete er das Haus Erika an, das bis zur Fertigstellung der (Fachwerk)-Post 1895 als Poststation diente.  Übrigens hatte Georg Zocher 1810 erstmals geheiratet und zwar die Tochter des Eisenacher Baumeisters Christian Heinrich Bähr. Ein zweites Mal  nach  dem Tod der ersten Frau heiratete er Anna Katharina Barchfeld. Die zweite Tochter aus dieser Verbindung, Friederike Josephine, wurde  die Ehefrau des Fabrikanten und Kommerzienrates Christian Ludwig Heller. Dieser ließ den Grabstein seines Schwiegervaters nach der Auflassung des alten Friedhofes neben die Erbbegräbnisstätte der Familie Heller umsetzen, der bis in die 1970er auch noch dort existiert hatte.

Urkunde des Johann Zacharias Ferrier, Hofgärtner des Herzogs von Sachsen-Hildburghausen 1805 für Georg Zocher und dessen Sohn Daniel Zocher - Quelle Peter Zocher und Klaus Puff
Urkunde des Johann Zacharias Ferrier, Hofgärtner des Herzogs von Sachsen-Hildburghausen 1805 für Georg Zocher und dessen Sohn Daniel Zocher - Quelle Peter Zocher und Klaus Puff
Siegel des Johann Zacharias Ferrier, Hofgärtner des Herzogs von Sachsen-Hildburghausen 1805 - Quelle Peter Zocher und Klaus Puff
Siegel des Johann Zacharias Ferrier, Hofgärtner des Herzogs von Sachsen-Hildburghausen 1805 - Quelle Peter Zocher und Klaus Puff
Zochersches (Fachwerk)-Wirtshaus - Darstellung auf einem Porzellanteller, der im Besitz von Gerda Obmann war - Repro W.Malek
Zochersches (Fachwerk)-Wirtshaus - Darstellung auf einem Porzellanteller, der im Besitz von Gerda Obmann war - Repro W.Malek