Villa Roth, heutiges Haus Kessler
Im Telefonbuch von 1912 findet sich Carl Roth, Maler- und Tünchergeschäft,
Vertretung und Lager von Linoleum, Lacken und Farben mit dem Telfonanschluss 280 !
Die Ansichtskarte von 1907 ( oben ) zeigt den Eingangsbereich der Villa von Gustav Roth im Brunnenweg 6.
Der
Maler Gustav Roth entwickelte und patentierte unter dem Namen GuRo einen Spezialputz und war am Neubau und an der Rekonstruktion vieler Liebensteiner Gebäude beteiligt. Sein Außenputz
ist zum Teil heute noch bestens erhalten.
Zeitweise
hatte er über 50 Beschäftigte.
Frl. Ruth Grumptmann, die aus dem Sudetenland vertrieben wurde, bewohnte von 1946 bis 1951
zusammen mit ihrer Mutter ein Zimmer im Hause der Familie von Gustav Roth! Ihre Erinnerungen bringen uns die familiären Zusammenhänge der Roths näher.
Carl Roth, der 1946 nicht mehr am Leben war, hatte neben seinem Sohn auch zwei Töchter. Frieda war mit August Hölzer, der Kaufmann war (und neben seinem Bruder,
Gärtnermeister Bernhard Hölzer in der
Hauptstrasse die Thüringer Steinwerke betrieben hatte), verheiratet. Diese Ehe war geschieden worden.
Die andere, Helene, ehelichte einen Herrn Schwarz.
Gustav Roth hatte drei Kinder, einen Sohn, der das Unternehmen weiterführen sollte, der aber seinen Weg über und in Hamburg gegangen ist. Die zwei Töchter waren Marianne und Gerda. Marianne, die
den Architekten Stenzel geheiratet hatte, ging mit diesem später nach Potsdam oder Berlin. Stenzel hatte einen Anbau am Heinrich-Mann-Sanatorium konzipiert und ausgeführt, der ihm sogar Gefängnis
eingebracht haben soll, da dieser Anbau nicht den Vorstellungen der politischen Machthaber entsprochen hatte.
Gerda war mit einem Offizier verheiratet, der eventuell auch Maßnahmen befehligt hatte, die in und um Liebenstein während des Krieges geplant und auch umgesetzt wurden. Er war von den Sowjets
nach Buchenwald verschleppt worden und kehrte nicht zurück.
Gerda heiratete dann nochmals und hieß von Kop.
Im hinteren Anbau wohnte zur Zeit des Aufenthalts von Ruth Grumptmann Familie Luck. Die Tochter blieb nicht nur wegen folgender Episode
in Erinnerung: " Sie war zu einem Arztbesuch in die Kinderklinik Marienthal gegangen. Dort wurde mit Erstaunen registriert, dass sie ihre Tochter, um die es ja ging, nicht mit
dabei hatte. Ihr Vater brachte Melanie dann in einer Aktentasche in die Klinik hinterher."
Sehr geehrte Frau Roth,
es liegt durchaus keine böse Absicht unserem langen Schweigen zu Grunde, sondern Abhaltungen ernster und heiterer Natur, gepaart mit einem ganz kleinen Anflug von chronischer Schreibfaulheit sind
die ......
Wiederum von ........ wurden wir heimgesucht. So lag z.Bspl. Helga eine Woche mit hohem Fieber zu Bett.; Sie fühlte sich dazwischen auch sehr elend etc. etc.
Verschiedene Familienfeste und die ........... ließen uns die Zeit schneller vergehen.
Das Wetter hält sich auf 13 C Wärme. Großer Frost ist auch schon gewesen und wird sich im Februar wiederholen.
Helga ist wieder recht munter, muss aber nach ärztlicher Vorschrift recht strenge Diät einhalten.
Unser kleiner Egon sieht wie ein ..........Engel aus, plappert schon ganz niedlich und geht bereits allein.
Sie und Ihre Angehörigen haben nun auf Ihrer Reise ein hübsches Stückchen Erde gesehen.
Bei uns ist vorläufig die Möglichkeit, eine große Reise zu machen, der Kinder wegen ausgeschlossen.
Riga hat nach der neuesten Volkszählung 520.000 Einwohner.
Wie geht es Ihnen sehr geehrte Frau Roth und Ihrer Familie ?
Helga erhielt vor einiger Zeit von Trudchen Bierwisch und ( Mariannchen) Elfriede de Belz reizende Karten, worüber wir uns sehr gefreut haben.
Im Winter mag es noch in Liebenstein recht still sein und sieht man gewiß nur in Sanatorien fremde Gäste.
Mein Mann und ich sind keine Freunde von garstigen "Gefallen" im Winter, dagegen lieben wir die Sonne und das Erwachen der Natur im Frühjahr über alles.
Wie geht es Haus und Kaninchen ?
Helga und wir senden der lieben Familie Roth und der geehrten Frau Plass herzliche Grüße
Ihre Else Sawitzky und R.Sawitzky
Februar 1914